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Patagonia Verde …

… ist die chilenische Seite Patagoniens, weil sie grün ist. Im Gegensatz zur hoch liegenden, ebenen und deswegen noch windigeren Pampa auf der argentinischen Seite ist die Straße hier zwischen null und 400 Meter hoch, hügelig, bewaldet und daher etwas windgeschützter.
Cochrane ist ein Oberzentrum, immerhin die größte Stadt im Umkreis von 100 km. Und vollkommen verschlafen. Allerdings trifft man hier die Traveler, zum Beispiel das deusche Paar, das sich in Santiago für ~7000 € diesen T2-Campingbulli gekauft hat.

Wir haben für die letzte Etappe bis Caleta Tortel, wo unsere Fähre abfährt, drei Tage Zeit eingeplant, um genug Puffer zu haben. Trotz Wind, Kälte, Niesel, Schotter vom Feinsten, schafften wir es in zwei Tagen. Das Höhenprofil war nicht so scharf und eine Planiermaschine schuf uns zumindest für einige km eine schmale glattgeschliffene Spur. Donde Orfelina ist ein ganz bezaubernder keiner Hof und Campingplatz, der von einer jungen Familie geführt wird. Mit hauseigenem Wasserfall, weiten Wiesen und Weiden, herrlichem Blick auf verschneite Berge und Seen. Und sie wissen, was Radler brauchen: Windschutz, einen Raum zum Abwettern und Aufwärmen samt Küche, heiße Dusche und WC.

Am nächsten Tag, unserem letzten auf der Carretera Austral, gab die Straße nochmal alles! Wir fuhren durch ein Moorgebiet und fragten uns, ob die Säcke mit Tierfutter, die rumlagen, für Wildtiere oder Schafe (wo sind sie?) gedacht sind. Befremdlich.

Caleta Tortel ist ein skurriler Ort. Ganz ohne Straßen, nur Holzstege mit Treppen, alle Häuser auf Holzgerüsten in den Hang gebaut, eine Holzpromenade am Ufer entlang. Erst in den 50igern kamen Siedler hierher und leben nun vom Fischfang, Zypressenholz und Touristen.

Nahebei ist die “Isla de los Muertos” – eine Gedenkstätte und historisches Monument einer Tragödie. Und ein Beispiel für skrupellosen Umgang mit Menschen und Natur. Kurz in Stichworten die Geschichte, soweit wir sie verstanden haben: 1906 vergab die chilenische Regierung Konzessionen zur Erkundung von Südpatagonien – natürlich zur Nutzung von Ressourcen. Ein britisches Unternehmen, das wohl auch in Nordchile die Eisenbahntrasse für die Salpeterminen baute und Holz brauchte, erhielt die Konzession und warb 200 indigene Männer aus Chiloe (Halbinsel in Nordpatagonien) mit großen Versprechungen an. Sie wurden in der Wildnis abgesetzt mit dem Auftrag, Zypressen, die hier ursprünglich wachsen, zu fällen. Unter großen Entbehrungen in einer extremen Landschaft arbeiteten und lebten sie. Nach einigen Monaten kam ein Schiff, um das Holz abzuholen. Inzwischen waren viele schwer krank geworden, aber das Schiff nahm nur das Holz mit und vertröstete die Männer auf ein nachfolgendes Boot, das sie nach Hause bringen würde. Das Schiff kam nie. Es folgte wohl ein monatelanger vergeblicher Marathon der Familien, um die Firma oder den Staat dazuzubewegen, ihre Männer zu holen. Keiner hatte Interesse oder sah sich in der Verantwortung. Das Unternehmen hatte inzwischen das Projekt beendet.
Schließlich sandte die Regierung ein Boot und holte die noch lebenden Männer. 37 waren inzwischen auf der Insel gestorben. Und von den anderen kam keiner lebend zurück, denn alle starben auf dem Heimweg. Es gibt Theorien, die besagen, es war nie vorgesehen gewesen, die Leute zurückzuholen und sie seien sogar bewusst (durch Arsen im gelieferten Proviant) vergiftet worden.

Damit verabschiedeten wir uns von der Carretera Austral und stiegen abends auf die Fähre. Zwei Nächte im Schlafsessel hatten ihre Längen, dafür die Fjordlandschaft draußen nicht. Auch wenn es mehr nieselte als sonnte. Zwischendurch kamen Delfine und wir sahen sogar Robben bzw. Seehunde. Interessante Gespräche mit anderen Reisenden bereicherten und verkürzten die Stunden. Vielleicht sieht man sich wieder auf dem Weg nach Süden.

Hier in Puerto Natale haben wir uns mit Ricarda wiedergetroffen und verrückterweise mit Michael. Ihn und seine Frau hatten wir vor ca. 3 Jahren als Warmshowergäste beherbergt und waren locker in Kontakt geblieben. Er ist seit 10 Monaten auf Radltour und jetzt auf der letzten Etappe kreuzen sich unsere Wege! Wir verbrachten gestern einen intensiven Erfahrungsaustauschabend zu viert und freuen uns auf ein Nächstesmal irgendwann. Ricarda half uns heute noch beim Organisieren eines Tickets zum Nationalpark Torres del Paine, wo wir eine Light-Tour machen wollen, denn längeres Laufen ist bei mir ja wegen des Knies leider nicht drin.

Erfahrungsaustausch

Übermorgen starten wir wieder bei ordentlich Wind (hoffentlich von hinten) und es geht nach Punto Arenas, der südlichsten Großstadt, um Pinguine zu gucken und dann nach Feuerland.
Die nächsten Tage gibt es wieder Funkstille, da nur Pampa.Übrigens sind wir hier immer noch näher am Äquator als Wolfsburg! Wie gut, dass wir den Golfstrom und nicht den Humboldtstrom vor der Tür haben!

1 Kommentare

  1. Gisela Jüttner sagt

    Liebe Karin und lieber Frtz ich möchte euch , meine persönlichen Helden , ganz lieb grüssen. Meine Bewunderung und mein Respekt für eure Reise finden kaum die treffenden Worte……Toll ….und Danke für eure Berichte und Bilder……ich träume mich mit ihnen in eure Nähe ! Gesundheit, Freude und Glück für alles was da noch auf euch wartet, das wünscht euch eure Gisela

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