Begegnungen, Fahrzeuge, Nordtour 2022, Norwegen, Tagebuch
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Kystriksveien FV.17

Wir fahren die berühmte Küstenstraße, die von Steinkjer nach Bodø führt. Wir hoffen auf erstens besseres Wetter und zweitens weniger Verkehr als auch der E6. Beides trifft ein! In Steinkjer besorgen wir uns eine kleine Broschüre, in der nicht nur der Streckenverlauf, sondern auch Campingplätze, eine Tunnelübersicht für Radreisende und die Fährverbindungen stehen. Natürlich auch Werbeanzeigen für all die Touristenattraktionen auf der Strecke. Wir nutzen das Büchlein, um zu planen. In Steinkjer finden in diesen Tagen die norwegischen Straßenradmeisterschaften statt und wir fahren über die Ziellinie! Und der Regen hat auch aufgehört! – Alles wird gut! Das nasse Zelt war nach 45 min trocken und blieb es auch für die nächsten Tage.

In Stiklestad besichtigten wir die Wallfahrtskirche von Olaf dem Heiligen. Genau dort fand die Schlacht statt, in der er gestorben ist. Die Geschichte wird anschaulich in der Kirche dargestellt. Vor der Schlacht, die Schlacht, der verletzte bzw. tote Olaf, der bereits leuchtet. Übrigens habe ich gelesen, dass er zu Lebzeiten auch Olaf der Dicke genannt worden war. Dargestellt ist natürlich ein schlanker Held.

Die nächsten 5 Tage bleibt es warm bis heiß, teilweise 30°C, der Wind spielt manchmal mit und manchmal gegen uns und die Landschaft ist lieblich bis herb skandinavisch. Übrigens verläuft der europäische Radweg R1 hier entlang. Einem Teilstück folgen wir nicht, sondern bleiben auf der FV17. Die Steigungen scheinen uns in diesem sicher grandiosen Abschnitt zu heftig. Stattdessen genießen wir wenig Verkehr, Rückenwind, kahle felsige Bergkuppen, Wasserfälle und Fjorde, die so tun als seien sie Seen oder Flüsse. Die Tunnel sind bisher alle gut fahrbar und die Fähren für uns umsonst.

In Foldereit kommen wir nach 101 km und knapp 750 Hm bei 30°C ziemlich erschöpft an. Die angepeilten Übernachtungsplätze gab es leider nicht, sowohl google als auch open street map sind da nicht auf dem neuesten Stand. Was nun? Wir suchen eine grüne halbwegs ebene Fläche unten am Fjord an einem Bootsanleger und kommen an einem „Landhandel“ vorbei, der – es ist Sonntag- geöffnet hat und sich als Cafe mit regionalen Produkten darstellt. Wir rein- und werden mit „Herzlich willkommen“ begrüßt. Andrea, die Besitzerin strahlt uns an! Sie lebt seit 15 Jahren in Norwegen, kommt aus Düsseldorf, und hat seit einer Woche diesen Laden eröffnet. Wir seien die ersten deutschen Kunden! Nach wunderbarem Rhabarberkuchen mit kalter Cola bietet sie uns an, auf ihrem Grundstück zu übernachten – ein ebenes Stück Gras mit frischem Bächlein daneben. Wunderbar!! Der abendliche Genuss wird allerdings etwas getrübt, da unser MSR-Kocher Funktionsprobleme hat. Fritz müht sich redlich, kann das Problem aber erstmal nicht lösen. Also gibt es das Paprikagemüse halb gegart mit Brot statt Reis.

Am nächsten Morgen wollen wir früh los, um die Fähre um 12.00 Uhr noch sicher zu bekommen. Wetter traumhaft, Muschelfarmen im Fjord, Auf und Ab und dann – reißt mein Schaltzug! Nix geht mehr! Auf einem schottrigen Straßenrand bauen wir bzw. Fritz den Schaltzug aus, – ich habe einen Ersatz dabei. Allerdings ist es total nervig, der Einbau ist fummelig, es klappt erst nach ca. 2 Std. Danach ist die Schaltung schwergängig und ich habe Angst, dass sie wieder reißt. Dennoch fahren wir einen Affenzahn, um zumindest die nächste Fähre zu bekommen- ein Höllenritt. Wir hätten sie sogar geschafft. Allerdings fuhr sie nicht fahrplanmäßig um 14.00 Uhr, sondern erst um 15.20 Uhr! Wir hatten also eine Verschnaufpause.

Nach der Ankunft, direkt am Fährhafen, nochmal alles auseinandergebaut- wieder Fummelmistpasstnicht – dann endlich doch! Und zurzeit läuft sie wieder wie (fast) neu.
Der nächste Zeltplatz stellt sich als Anglerparadies heraus- viele Deutsche, die deswegen hierherkommen und nix anderes tun als Fische angeln, filetieren, vakuumisieren, einfrieren, nach Hause mitnehmen. Wir staunen. Und fragen vorsichtig nach, ob sie uns vielleicht ein Stückchen…- und flugs haben wir ca. 1kg Dorsch und Heilbutt in den Händen! Das war vielleicht lecker!! Denn natürlich gibt es dort, wie auf (fast) jedem Zeltplatz eine Gemeinschaftsküche, die sogar Geschirr und Töpfe aufzuweisen hat.

Inzwischen konnte Fritz das Problem mit dem Benzinfilter lösen. – Ausbauen und ohne Filter kochen. Vorher das Benzin von den Bröckchen befreit. Der Benzinnachschub gestaltet sich erstaunlich. Die Mindestabnahme sind an den Zapfsäulen 4 Liter, alles nur mit Kartenzahlung. – Beim nächsten Zeltplatz bekommen wir den Sprit geschenkt. Für die Motorboote haben sie immer Benzin vorrätig.
Dieser Zeltplatz wird von einem supernetten holländischen Paar geführt. Auf Nachfrage erzählen sie, dass sie für diese Saison hier arbeiten und zuhause ein Sabbatical organisiert hätten. Von April bis Oktober. Sie ist Kinderpsychologin und genieße diese Auszeit sehr! In einem Minibeet vor ihrer Hütte  kämpfen standhaft eine kleine Tomaten- und eine Zucchinipflanze sowie ein paar Erdbeerstauden. Drei Erdbeertöpfe stehen ebenfalls da. Diese Pflanzen, inclusive einer, die eingegangen ist, hätten 90 € gekostet!!! Da sieht man, wie wertvoll Pflanzen sein können!

Wir sind nicht die Einzigen auf dem Weg zum Nordkap. Vier Holländer, alles Brüder und im guten Seniorenalter treffen wir nun seit Tagen immer wieder mal. Eine Familientour, wie toll. Am Nordkap werden sie von zwei weiteren Brüdern mit dem Auto abgeholt. Mal sehen, wie oft wir uns noch begegnen. Sie haben jetzt einen Tag Vorsprung, da wir heute faulenzen und unsere müden Knochen pflegen. Das heiße Wetter hat unseren Kreislauf ganz schön ins Schleudern gebracht.
Gestern endlich! Der ersten Elche: eine Elchkuh mit Kalb! Und während wir uns seit Wochen die Hälse verrenken, um in jede Lichtung zu linsen, Abendspaziergänge unternehmen und nix gesehen haben- stehen sie ein paar Meter neben der Straße an der Böschung, fünf Minuten vor 12°° mittags, einen Kilometer vom Stadtzentrum Sandnessjøen und lassen sich überhaupt nicht stören!

Wie geht’s weiter? Noch ein wenig die Küstenstraße weiter, immer wieder Fähren, dann Lofoten, dann weiter. Die warmen trockenen Tage sind vorbei; nun wird’s wieder feucht und kühl.

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