Nordtour 2022, Norwegen, Tagebuch
Schreibe einen Kommentar

Norwegen

Zu den Dingen, die Reiseradelnde gar nicht brauchen können, gehören z.B. Reifen flicken an einer Schnellstraße, Speichenbrüche oder auch ein klatschnasses Zelt im Regen einzupacken. Während Deutschland unter einer Hitzewelle stöhnt, haben wir hier nasse Socken und bald Schwimmhäute zwischen den Fingern. Das Wetter ist „durchwachsen“. Meine Schuhe lösen sich vorne schon auf; ich habe sie mit einem Superkleber repariert: Wasserfester sind sie trotzdem nicht.

Nun sind wir also in Norwegen: die erste Stadt ist Trysil. Der Berg neben der Stadt ist mit Loipen, Skiliften und Abfahrt-Schneisen überzogen: im Winter ist hier wohl die Hölle los. Für den Sommer versucht man Hiker, Angler und Mountainbiker anzulocken: z.B. mit den bunten Fahrrädern an jeder Laterne. Das andere Standbein der Wirtschaft ist natürlich die Holzindustrie.

Die Gegend ist wohl noch dünner besiedelt als auf der schwedischen Seite. Nicht wenige Häuser wirken unbewohnt und verfallen. Unerwartet findet man dann doch immer mal wieder kleine Supermärkte. Vor einem solchen hatten wir ein interessantes Gespräch besonders mit einem der beiden Männer. Er „macht in Landmaschinen“, ist auch viel in Deutschland rumgekommen und hat uns etwas erzählt, wie das in Norwegen so funktioniert. Wölfe sind hier bei den Schafbauern ebenfalls ein großes Thema  und gar nicht beliebt. Unser Gesprächspartner meinte, das Problem seien die von der Regierung ausgewilderten Wölfe, die sich anders verhielten als die “echten”. es scheint, es gibt da eine uralte Feindschaft zwischen Bauern und Wölfen, wie bei uns auch. Er erzählte auch, dass Elche meistens bei der Dämmerung an Waldrändern zu sehen sind. Aber es gibt ja keine Dämmerung! Abends um 10 ist noch immer taghell! Dafür standen aber nun plötzlich zwei Rentiere auf der Straße. Ist doch auch was; man will ja nicht undankbar sein.

Weil es schon wieder ordentlich vom Himmel kam, haben wir uns kurzentschlossen eine Hütte auf einem Hof genommen. Hof –und auch die Hütte- sind 300 Jahre alt. Die katzenliebende Gastgeberin erzählte, dass ihr Ur-Ur-Ur-…Großvater (sie zählte das an den Fingern ab) den Hof um 1700 erbaut hat. Seitdem lebt die Familie dort! Es war ein sehr besonderes Erlebnis. Nachdem der Regen dann nachgelassen hatte, haben wir stundenlang den Waldrand mit dem Fernglas abgesucht, erfolglos. Morgens erzählte die Gastgeberin, die Elche wären –wenn überhaupt- auf der anderen Straßenseite zu sehen. Tja.

Weiter ging’s mit wechselndem Wetter, rin in die Klamotten, raus aus die Klamotten. Wir sind jetzt so 700 m hoch; auf den Bergen liegen noch Schneereste. Die Baumgrenze ist, kaum über 1000 m, gut zu erkennen; in den Alpen liegt sie ja bei 2000 m. Die kleine SB-Tankstelle erinnerte mich irgendwie an ein Tor beim Aufstieg auf den Fuji vor 5 Jahren. Sieht ja ganz anders aus, aber doch …

Røros ist eine Bergwerkstadt in den Bergen östlich von Trondheim. Hier wurde 333 Jahre Kupfer abgebaut und verhüttet, bis die Hütte nach einem Brand 1977 pleite war. Weltkulturerbe, pittoreske Patrizierhäuser, sehr ärmliche niedrige Arbeiterhäuser mit kleinen Hofstellen zur Selbstversorgung. Richtig spannend sind aber die Abraumhalde und das Museum in den Ruinen der Hüttenanlage mit liebevoll und aufwändig gestalteten Funktionsmodellen der Stollen, Förder- und Entwässerungsanlagen – und einem Audioguide in deutscher Sprache!

Dabei wurde schnell klar, dass im Umkreis von 50 km um Røros innerhalb kurzer Zeit nach Beginn des Kupferabbaus alles kahl war, denn sowohl zum Abbau des Erzes als auch bei der Verhüttung wurden unvorstellbare Mengen an Holz benötigt. Diese Gegend hat sich in der Zwischenzeit –soweit man das so einfach erkennen kann- von den Umweltschäden etwas erholt. Aber in Südamerika läuft zur Zeit der Kupferabbau in wesentlich größerem Maße, mit gigantischer Umweltproblematik.

Zum Schluss noch Karin begehrlich vor dem Süßigkeitenregal.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert